Diversität zählt mehr denn je zu den zentralen Unternehmenszielen. Das zeigt die Diversity-Studie 2020 der Arbeitgebendeninitiative „Charta der Vielfalt“. Zwei Drittel aller Arbeitgeber in Deutschland verbinden mit Diversity Management konkrete Vorteile für ihr Unternehmen, insbesondere die Attraktivität für bestehende und neue Beschäftigte, die Offenheit und Lernfähigkeit der Organisation sowie die Förderung von Innovation und Kreativität. Darüber hinaus erwarten 63 Prozent der Unternehmen, dass Diversity Management zukünftig noch stärker an Relevanz gewinnt.
Wie wenig divers es allerdings tatsächlich in vielen Unternehmen zugeht, offenbart allein schon der Blick in die hiesigen Führungsetagen: Laut Statistischem Bundesamt waren in Deutschland im Jahr 2020 nur rund 28 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt. Diese verdienten zudem durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen. Nur ein Beleg von vielen für den Diversity-Nachholbedarf. Vielfalt bedeutet schließlich nicht nur ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen unter den Angestellten und Führungskräften, sondern vor allem eine offene und tolerante Unternehmenskultur geprägt von Menschen mit unterschiedlicher sozialer oder ethnischer Herkunft, verschiedenen sexuellen Orientierungen, kulturellen Hintergründen und individuellen Kompetenzen. Erst dadurch entsteht eine vielfältige Wissenskultur.
Für Unternehmen mit einer homogenen Personalstruktur ist der Weg zu mehr Diversität ungleich schwerer, als für Arbeitgeber, die – salopp gesagt – schon eine bunte Truppe beschäftigen. Nicht zuletzt, weil immer mehr Stellen durch Mitarbeiterempfehlungen besetzt werden. Jedes zweite Unternehmen sieht Referral-Programme mittlerweile als beste Recruiting-Quelle. Allerdings schlagen nach den Gesetzmäßigkeiten des Cultural Fit die Mitarbeiter in der Regel Kandidaten vor, die ihnen selbst ähnlich sind. In einem Unternehmen mit einer vielfältigen Belegschaft wird sich diese Diversität daher auch in den Empfehlungen zeigen und damit langfristig auf die Personalstruktur auswirken. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass in Unternehmen mit geringer Diversität Empfehlungsprogramme diesen Zustand eher verstärken, als ihm entgegenzuwirken. Getreu dem Motto: „gleich und gleich gesellt sich gern.“
Dennoch können Empfehlungsprogramme hilfreich sein, um im Unternehmen vertretene Minderheiten stärker in den Focus des Recruitings zu rücken. Über ihre Netzwerke finden Unternehmen einen Weg in Kreise, zu denen sie sonst keinen Zugang haben und können diverse Talents dort ansprechen, wo sie sich aufhalten – in den sozialen Medien, speziellen Foren, Organisationen oder auch auf Veranstaltungen. Voraussetzung für ein die Vielfalt verstärkendes Referral-Programm ist jedoch, dass Empfehlungen nicht beliebig ausgesprochen werden, sondern von HR gezielt eingefordert werden. Ein gutes Beispiel dafür liefert eine Studie aus dem Verteidigungsministerium des Vereinten Königreichs (UK). Sie belegt, dass Mitarbeiterempfehlungen dazu beitragen können, ein Geschlechter-Ungleichgewicht im Unternehmen mittel- und langfristig auszubalancieren.
Im Rahmen der Studie wurden Manager und ihre jeweiligen Teams lediglich per E-Mail dazu aufgefordert, für bestimmte Vakanzen immer auch mindestens fünf weibliche Kandidaten zu empfehlen. Diese simple Handlungsanweisung führte dazu, dass fast doppelt so viele Frauen für offene Jobs empfohlen wurden als vorher. Auch trafen deutlich mehr Bewerbungen von Frauen ein, was zur Folge hatte, dass diesen insgesamt mehr konkrete Jobangebote unterbreitet wurden. Außerdem nahmen mehr Frauen im Unternehmen am Empfehlungsprogramm teil. Wurden vorher 60 Prozent Männer für eine Vakanz vorgeschlagen – was im Übrigen auch dem Anteil der männlichen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium entsprach – wurden nun 54 Prozent der Empfehlungen für Frauen ausgesprochen. Das zeigt, dass ein gezielt ausgerichtetes Empfehlungsprogramm sich positiv auf die Vielfalt im Unternehmen auswirken kann.
Was können Unternehmen also konkret tun, um mit Hilfe von Mitarbeiterempfehlungen Diversität aufzubauen und zu fördern?
Übrigens ist eine diverse HR-Abteilung immer ein guter erster Schritt, um Diversity im Unternehmen zu etablieren. Denn das vereinfacht es, die Rekrutierungsprozesse anzupassen und auch den Talenten und Bewerbern ein Gefühl von Zugehörigkeit zu vermitteln – beispielsweise im Bewerbungsgespräch.